Ulrich Grasnick

„Das Licht der Steine löscht die Nacht“

 

Wohin ?

                      Wo alles Fliehn nur Rückkehr ist zu Trümmern.

Wohin ?

                      Straßen, schmal gewordene Pfade zu Ruinen.

                      Bäume, nacktgebrannt vom Feuer

                       werden nie mehr sprechen.

Wohin ?

                      Als wären alle Straßen

                      Kehlen

                      einzig für den Sog der Flammen.

                      Feuer frißt letzten Atem, letzten Schlaf.

                      Feuer frißt seinen eigenen Namen bis zur Asche.

Wohin?

                      Kein Schnee erreichte mehr die Erde.

                      Kälte, die vom Himmel fiel, erlosch im Feuer.

                      Gesteinigt der Gekreuzigte vom stürzenden Gewölbe.

                      Die Leiter Hoffnung, so viele Sprossen aus zerbrochenen Jahren.

 

Wie Gott mit rauchverschlossenem Mund  aus echolosen Trümmern rufen –

Nur Raum für Schreie noch.

 

                      Die Nacht verschonte keinen Traum –

                      Es hat der Tod das Weinen gänzlich aus der Stadt getrieben,

                      und niemand wagt vor diesem Grauen Trost zu sagen.

 

Was liebten wir in dieser Nacht, wo alles sank in Trümmer.

Vergangenheit in Flammen  -  Lichterloh.

 

                      Hätten Augen uns von anderen Welten aus betrachtet,

                      sie könnten nicht begreifen, daß der Mensch dem Menschen

                      solch Entsetzen ist  - Solch Entsetzen.

 

                      Der Morgen kam vom Fluß –

                      Dunkler war kein Tag als in den schwarzen Bäumen –

                      Der Weg der Blüten abgeschnitten vom bittren Wasser in den Zweigen.

 

                      Daß wir den Abgrund sehen zwischen Licht und Schmerz,

                      stieg hell die Sonne auf an diesem Morgen.

                      Sie zweifelte an ihrem Schein – so ungeheure Glut war vor ihr aus der Nacht gestiegen.

 

                      Flügel zerbrochener Engel wie Laub verstreut in alle Winde,

                      Treibgut am Ufer des Meeres aus Stein.

                      Hoch oben auf dem Kuppelrest die Zweige hin und her im Wind,

                      als wollten sie erinnern an verlorene Glocken.

 

                     

 

 

 

Die Berge abgetragen                            Die Zeit, noch gestern fest im Fels verschlossen,

aus langer Schattenzeit                          ragt bis zum Kreuz jetzt Stein um Stein –                    

wir dürfen Hoffnung sagen                     Die Hoffnung, in das Erz tief eingegossen,                

nach unsagbarem Leid.                         sie läutet hell das Leben ein...

 

Die Last ist abgetragen                          Mit unsren Stimmen haben wir den Stein bewegt –

aus langer Schattenzeit                          Die Wände atmen neues Licht.

wo all die Trümmer lagen                      Die Wetter haben noch kein Dunkel auf den Stein gelegt,

ist Licht zurückgekehrt.                          geheilt vom Feuer sein Gesicht.

 

                      Der Stein antwortet unsrem Laut, das Echo sagt, daß wir noch leben –

                      Aus Felsen ist das Haus gebaut, noch einmal uns zurückgegeben.

 

Wir, die wir spät geboren, sehn, was so lang verloren,

aus einem Meer von Steinen zurückfand in das Licht.

 

                      Lang haben Hoffnungen den grauen Fels bewohnt,

                      bis sich der Engel aus dem Stein erhob, aus der Geduld uns seine Flügel wuchsen –

                      Wo sich der Stein in seinen Schwingen öffnet,

                      hat sich der Durst der Luft nach einem Ziel erfüllt.

 

Ankunft des Kreuzes

                      Versöhnung übers Meer gekommen –

                      Nach langer Fremdheit treffen sich die Ufer wieder, berühren sich am Kreuz,

                      in seinen offnen Armen über unserer Stadt.

 

Die Nacht brach an im Sterben, das vor allen Türen schrie,

das nicht vergessen kann den Namen Coventry.

 

                      Es fragen Stimmen noch – ich höre ihre Worte leise wie Laub,

                      das noch vom Sommer spricht,

                      das sich verirrt auf seiner Reise – ich sehe seine Farben brennen,

                      die schon die Zeit der Fröste kennen,

                      sich schon so weit entfernt von ihren Bäumen haben –

                      Sie fragen uns, ob wir schon ihre Nacht vergessen,

                      sie fragen, ob wir je den ausgelöschten Traum ermessen.

 

Tod soll dem Tod nicht mehr gleichen,

sterben keine Grenze mehr sein.

Das Kreuz schreibt sein Hoffnungszeichen

in die Weite des Himmels ein.

 

                      Lang war der Weg der Steine bis sie sich wieder fügten in ihr Haus.

                      Mit uns zurückgekehrt aus dem Vergessen in das Leben,

                      in ihrem Glockenschlag das Echo zu bewahren unserer Stimme.

 

                      Die Kuppel, welch ein Haupt –

                      Wir könnten das Gedächtnis sein,

                      das sie für immer füllt

                      mit Leben.